Rechtsanwalt nicht zur Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verpflichtet, wenn dies für ihn unzumutbar ist
- Erschienen am - PresemitteilungDas Finanzgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 10.06.2025 (Az.: 3 K 3005/23) entschieden, dass jedenfalls dann keine Pflicht zur Übermittlung der Klageschrift als elektronisches Dokument nach § 52d Satz 1 Finanzgerichtsordnung – FGO – besteht, wenn ein Rechtsanwalt beim Finanzgericht eine Klage in eigener Sache erhebt, in der Klageschrift seinen beruflichen Status nicht offenlegt und die Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) für ihn unzumutbar ist.
Der Kläger ist Partner einer Rechtsanwaltssozietät. Die von ihm übermittelte Klageschrift enthielt keinen Hinweis auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt. Lediglich aus der Einspruchsentscheidung ergab sich, dass er Einkünfte aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt erzielte. Nachdem das Gericht dies bemerkt hatte, wies es den Kläger darauf hin, dass die Klage im Hinblick auf § 52d Satz 1 FGO möglicherweise unzulässig sei. Daraufhin erklärte der Kläger, dass eine Nutzung seines beA für ihn unzumutbar sei, da mehrere Angestellte der Sozietät Zugriff auf sein beA hätten und ihnen anderenfalls seine steuerlichen Verhältnisse offenbart worden wären. Die Partner der Anwaltssozietät hätten sich zudem vertraglich verpflichtet, gegenüber den Angestellten die Gewinne der Sozietät und die Gewinnanteile der einzelnen Partner nicht offenzulegen.
Das Finanzgericht hat die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nach seiner Auffassung nicht abschließend geklärte Streitfrage, ob die elektronische Übermittlungspflicht für Rechtsanwälte nach § 52d Satz 1 FGO bzw. § 130d Satz 1 ZPO statusbezogen oder rollenbezogen auszulegen ist, offengelassen. Bei statusbezogenem Verständnis wären Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auch dann stets zur elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen verpflichtet, wenn sie nicht in ihrer Rolle als Berufsträger auftreten. Bei einem rollenbezogenen Verständnis käme es hingegen darauf an, ob sie als Rechtsanwältin oder Rechtsanwalt handeln. Entscheidend war für das Gericht, dass es für den Kläger im konkreten Fall unzumutbar gewesen wäre, sein beA zu nutzen, da sonst anderen Angestellten der Sozietät seine steuerlichen Verhältnisse offenbart worden wären, was auch im Widerspruch zu den Pflichten des Klägers aus dem Sozietätsvertrag stehe.
Das Gericht hat die Revision nicht zugelassen, weil die Auslegung des § 52d Satz 1 FGO nicht entscheidungserheblich war, da die Klage als unbegründet abgewiesen worden ist.